Von Nachterstedt zum RWE-Riesen

rwerieseDer Verlust von Menschenleben ist immer tragisch, keine Frage. Und es ist eine besondere Tragik, wenn durch eine Naturkatastrophe wie Nachterstedt Menschen zu Schade kommen. Schließlich können die Einwohner von Nachterstedt nichts dafür, dass seit Jahrzehnten durch den Abbau von Kohle die um sie herum liegende Landschaft umgewandelt und durchlöchert wurde auf der Suche nach dem Rohstoff Kohle. Man könnte fast zynisch sagen: „Die Natur holt sich irgendwann alles zurück!“

Es ist natürlich richtig, wenn versucht wird, aus den alten Löchern des Braunkohletagebau wieder etwas zu machen, dass halbwegs an Natur erinnert, also Seenlandschaften zu gestalten und den Tourismus anzukurbeln. Dass diese Renaturierung aber nicht vollkommen der menschlichen Kontrolle unterliegt, sondern zu Katastrophen führen kann, sieht man in Nachterstedt.

luegendetektorDa kann man fast nur lachen, was der Energiekonzern RWE gerade an Greenwashing in die Kinos bringt. Einen netten kleinen Film über einen Riesen, der im ganzen Land Windräder, Gezeitenkrafträder, Wasserkraft verteilt und damit die Lichter anmacht.

Wie das Greenpeace-Magazin berichtet, sieht die Realität beim RWE-Konzern ganz anders aus:

Doch Windkraftanlagen, die in dem Film an erster Stelle präsentiert werden, besitzt der Stromkonzern hierzulande fast keine – mit 43 Megawatt Leistung machten sie laut einer Studie im Auftrag von Greenpeace im Jahr 2008 gerade 0,1 Prozent des RWE-Kraftwerksparks aus (im Bundesdurchschnitt trägt Windkraft bereits mit circa 7 Prozent zur Stromerzeugung bei). Investiert der sympathische Energieriese wenigstens so viel wie möglich in den Ausbau dieser klimaschonenden Energieart? Naja. Laut erwähnter Untersuchung fließen in den kommenden Jahren gerade mal schlappe 15 Prozent der gesamten RWE-Kraftwerksinvestitionen in erneuerbare Energien. Für neue klimaschädliche Kohlekraftwerke wird ein Vielfaches der Windkraft-Investitionen ausgegeben.

So ähnlich geht es weiter: Das Meeresströmungskraftwerk, das der Riese hier errichtet, existiert in der Realität bisher nur auf dem Reißbrett. Die Hochspannungsmasten von RWE, die gezeigt werden, gerieten vor ein paar Jahren in die Schlagzeilen, weil sie im Winter umknickten und zu einem Gutteil noch aus der Vorkriegszeit stammten. Und die Förderung von Braunkohle, aus der RWE den mit Abstand größten Teil seines hierzulande erzeugten Stroms gewinnt, wird in dem Filmchen in zehn kurzen Sekündchen gezeigt – doppelt so viel Zeit räumen die RWE-Werber der anschließenden Renaturierung der geschundenen Landschaft ein, symbolisiert durch das Ausrollen von Rollrasen durch den niedlichen Riesen.

Das Auslegen von Rollrasen hat mit Renaturierung leider reichlich wenig zu, wie uns Nachterstedt dieses Wochenende gezeigt hat. Eines hat das Greenpeace-Magazin in seinem Lügendetektor-Bericht sogar noch vergessen:

In den ersten fünf Sekunden des Films erhebt sich der mit Bäumen überwachsene Riese schläfrig in einer samten Bergwelt. Wer da zufällig daran denken muss, dass in den USA das sogenannte „Mountaintop Removal“, bei dem ganze Bergspitzen abgesprengt werden um an Kohle zu kommen, ein Revival feiert, der hat wohl zuviel hinter die Kulissen des netten Spots geguckt.

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