Können sich Nachhaltigkeits-Blogs besser vernetzen als Nachhaltigkeits-NPOs?

Eine persönliche Analyse

Die Szene der Nachhaltigkeits-NGOs ist genauso wie die Szene der Nachhaltigkeitsblogs eher klein, übersichtlich, dezentral, aber im Augenblick dank gesellschaftlichen Debatten um Klimawandel, Globalisierung und demographischer Wandel sehr aktiv.

Der Vorteil dieser Dezentralität ist natürlich, dass sowohl bei den Blogs wie auch bei den NGOs viele Themen parallel bearbeitet werden können, dass sich gleichzeitig sehr viele neue Aktive finden. Der Nachteil ist sowohl bei Blogs als auch bei NGOs, dass wir wahrscheinlich gemeinsam mehr unternehmen könnten.

Seien wir mal ehrlich: die Debatte um Nachhaltigkeit in Deutschland ist ein Witz. Der Klimawandel wird langsam zum Thema, aber andere Punkte der Debatte gehen vollkommen unter. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung ist eine traurige Randfigur der politischen Debatte, denn solange Ratsvorsitzender Volker Hauff mit leeren Allgemeinenplätzen wie

„Wir brauchen eine nachhaltige Energiepolitik in Europa“

brilliert, solange man von Tobi Schlegl, dem jugendlichen Ratsmitglied, sowenig an fundierten und provokanten Themen zu Nachhaltigkeit gehört, kann da leider nicht mehr viel mehr herauskommen. Dabei hat der Rat fähige und engagierte Mitarbeiter, wie zum Beispiel die ehemalige Geschäftsführerin der Jugendpresse Deutschland Yvonne Scherer, deren „Mission Sustainability“ eine tolle Idee ist, aber leider auch noch nicht so richtig auf Rückhall gestossen.

Auch die Skepsis von Ratsgeschäfstführer Günther Bachmann mag ja verständlich sein, der zu Gesprächen mit Nachhaltigkeitsinitiativen bereit ist, sich auch vorstellen kann, gemeinsam mit ihnen der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung etwas mehr Öffentlichkeit zu verleihen, aber hinter vorgehaltener Hand dann doch nicht so richtig daran zu glauben scheint, dass hier alle an einem Strang ziehen könnten.

Die Blogs sind da schneller – da wird Nägel mit Köpfen gemacht und sich vernetzt – mal sehen worin das führt, aber die Ansätze sind da. Bei den NGOs ist das sehr viel schwerer. Mitte Dezember führte YOIS eine Konferenz zu PR und Nachhaltigkeit durch – neben den inhaltlichen Zielen der Konferenz ging es auch darum, dass sich die Beteiligten besser kennenlernen und gemeinsame Projekte angehen.

Die Konferenz hatte Erfolg – man kam überein, ein gemeinsames Papier zu schreiben, in der die verschiedenen NGOs sich vorstellen würde und konkrete Punkte, wie gemeinsame Presseverteiler, Konferenzen, Strategiepapiere, auf einem Nachfolgetreffen zu diskutieren. Auch gemeinsam sich an Finanzgeber zu wenden, wurde angedacht – aber erstmal ging es nur darum, die Bemühungen zusammenzuführen, Arbeit nicht doppelt zu machen und Erfahrungen auszutauschen.

Nach anfänglicher Begeisterung ist das Projekt etwas ins Stocken geraten – wohl auch, weil es an der kritischen Masse von Leuten fehlt, die so ein Projekt koordinieren und durchziehen. Es gibt zwar viele NGOs (siehe Anhang unten), aber wenige Leute, die über den Tellerrand der eigenen Organisationen regelmäßig herausschauen und dann noch bereit sind, Ressourcen in eine Vernetzung zu investieren. Teilweise klappt es, beispielsweise hatte die Duisburg-Essener Uni-Initiative gemeinsam mit Cultura21 alle NGOs per Umfrage zu ihren Arbeitsschwerpunkten befragt – und mehr als 21 Antworten bekommen.

Bemühungen, ein gemeinsames Treffen zu organisieren, blieben aber immer im Sande stecken. Sei es, durch ein Wiki oder ein Termintool – die Treffen für die nächsten Schritte wurden nicht angegangen.

Wenn man aber ein solches Treffen organisieren würde, könnte man aus einem vollen Bottich an aktiven Menschen, Ideengebern, Ehrenamtlichen und möglichen Finanzquellen für eine starke Nachhaltigkeitsidee schöpfen.

Da wären beispielsweise die NGOs YOIS (zur Zeit etwas eingeschlafen, aber ca. 10 Aktive) , das Berliner Netzwerk für Nachhaltigkeit (ca. 5 Aktive), Oikos (internationales Netzwerk, wahrscheinlich ca. 100 Aktive), Sneep (deutschlandweites Netzwerk, ca. 50 Aktive) oder das Jugendbündnis Zukunftsenergie (ca. 15 Aktive), die Iniative für Nachhaltige Entwicklung in Berlin, fize (Forum Internationale für Nachhaltige Entwicklung), das Forum Umwelt und Entwicklung, Justa-Tero. Natürlich dürfen da auch die klassischen Umweltorganisationen wie die Bundjugend oder die NaBu-Jugend nicht vergessen werden, ebensowenig wie die wissenschaftlichen Netzwerke wie Seri oder Imug, oder wie ehrenamtlichen Redakteure bei den Umweltschutz News. (Falls ich hier Akteure vergessen habe, bitte einfach kurz in die Kommentarfunktion eintragen, ich trag das dann nach.)

Bei StudiVZ gibt es diverse Gruppen zu Nachhaltigkeit: die Gruppe Nachhaltigkeit, CSR und Generationengerechtigkeit mit 407 Mitgliedern, NEIA – Nachhaltige Entwicklung in Afrika mit 100 Mitgliedern, Solarsolutions mit 563 Mitgliedern oder Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit 77 Mitgliedern oder der Club für Nachhaltige Entwicklung mit 33 Mitgliedern. (Falls ich hier Gruppen – auch in anderen Communities – vergessen habe, bitte einfach kurz in die Kommentarfunktion eintragen, ich trag das dann nach.)

Auch wenn es hier sicherlich viele Doppelmitgliedschaften gibt – warum in Deutschland die Vernetzung und Zusammenarbeit der Nachhaltigkeits-NGOs und Initiativen nicht besser klappt, bleibt mir ein Rätsel. Wer Ideen hat – nur her damit, sie könnten auf fruchtbaren Boden fallen.

Update: die World Student Community for Sustainable Development gibt es auch.

8 thoughts on “Können sich Nachhaltigkeits-Blogs besser vernetzen als Nachhaltigkeits-NPOs?

  1. Wenn wir Blogger schon Nägel mit Köpfen gemacht haben, dann sind es aber ganz kleine. Immerhin hat eine Diskussion begonnen und es könnte gut sein, dass in nicht allzuferner Zukunft die ersten Versuchsballone steigen.

  2. Die Werkzeuge sich zu vernetzen sind noch nicht gut genug. Man müsste mal über den Einsatz von einer offenen Groupware nachdenken. Also einer Kommunikations aus Wissensdatenbank und Kommunikationsplattform (inkl. Terminmanagement).

    Es gibt noch viel mehr Leute die sich für Nachhaltig engagieren, nur findet man nicht gut genug zueinander. Ich müsste mal Blogs zum Thema „Vernetzung“ suchen und lesen. Da kann man sicher viel lesen.

  3. Wieso eigentlich immer Vernetzung?
    Hat das Selbstwert?

    Vernetzung bedeutet, Reibungsverluste und Zeitaufwand für interne Abstimmungen. Wenn man stattdessen nebenher arbeitet und nur grob guckt, dass man sich nicht in die Quere kommt oder überschneidet, ist man doch viel effektiver.

  4. @Florian: das ist doch gemeint mit Vernetzung: in erster Linie sich gegenseitig abstimmen, dass man nicht Arbeit doppelt oder umsonst macht. Manchmal ist es aber auch so, dass man durch den Austausch feststellt, dass man gemeinsam mehr erreichen könnte, als alleine. Vernetzung an sich hat keinen Selbstwert.

  5. Vernetzung ist deshalb wichtig, damit du nicht irgendwann feststellst, dass dein Nachbar seit 5 Jahren genau das selbe machst wie du. Gemeinsam hättet ihr beiden mehr erreicht. 😉

  6. Vernetzung ist wirklich wichtig! Sonst laufen einige Aktionen völlig kontraproduktiv ab.

    Das abschreckende Beispiel:
    attac hat Vodafone (manchen seitdem auch als Vodaklau bekannt) an den Pranger gestellt, weil diese durch die Abschreibungen die Mannesman-Übernahme quasi auf Kosten der Steuerzahler mitfinanziert haben.
    Nicht einmal ein Jahr später arbeitet der NABU dann mit Vodafone zusammen, um Tierbildchen und andere Inhalte per Download auf dem Handy darzustellen. Auf Nachfrage erhielt ich dort nur die Antwort: Unsere Aktionen haben mit Steuern nichts zu tun…
    🙁

    Also: Wenn wir alle an einem Strang ziehen wollen, sollten wir uns auch vernetzen und Kampagnen u.ä. gemeinsam abstimmen. Wenn alle Organisationen gemeinsam (z.B. reihum) jeweils für eine Woche (oder einen Monat) eine Kampagne in den Vordergrund stellen (z.B. Boykott gegen Lidl wg. der Verhinderung von Betriebsräten und nächste Woche dann Protest gegen die XY Bank wg. der Finanzierung von Atomkraft) dann wird mehr erreicht, als wenn jeder im eigenen Saft schmort…

  7. Thema Vernetzung:
    Es gibt ein neues Projekt zur Unterstützung des Plant for the Planet, der „Eine Milliarde Bäume Kampagne“ der Vereinten Nationen (One Billion Tree Campaign of the United Nations).
    Bei der Schüler und Jugendliche ihre Lehrer, Eltern, Tanten, Onkel und Großeltern und alle Menschen gemeinsam einladen in diesem Jahr eine Milliarde Bäume zu pflanzen.

    Eine sinnvolle und Denkanstoss gebende Aktion, die es verdient in der Nachhaltigkeits Blogosphäre (und auch im real Life) verbreiten & unterstützt zu werden!!!

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